Forschung
Landwirtschaft oder Naturschutz? Uni Kiel testet Planspiel
Aktualisiert am 23.06.2025
Getreide anbauen oder Agrarumweltmaßnahmen (AUKM) umsetzen? Sich mit Feldnachbarn absprechen oder allein agieren? Vor diesen Entscheidungen standen die Teilnehmenden eines Kooperativen-Treffens in Brandenburg Anfang Mai. Das Forschungsteam der Universität Kiel hatte ein Planspiel mitgebracht, bei dem sie Entscheidungen über die Nutzung fiktiver Flächen treffen sollten. So wollen die Forschenden Erkenntnisse über die Wirkung von Zahlungssystemen im Agrarnaturschutz gewinnen.
Im Spiel traten die Teilnehmenden an die Stelle von Landwirtschaftsbetrieben und hatten die Wahl, ob und wo sie auf ihren jeweiligen Flächen entweder Getreidefelder anlegen oder zwei verschiedene AUKM umsetzen. Aus ihren Entscheidungen ergab sich ein Flächenmosaik auf dem Spielfeld, das ein bestimmtes Biodiversitätsergebnis erzeugt. Dieses Ergebnis wird mit verschiedenen Parametern berechnet, etwa der Menge und Positionierung der Maßnahmen oder der Vernetzung von Maßnahmenflächen.
Der Clou: Jeder Spielrunde lag ein anderes Zahlungssystem zugrunde, das die AUKM unterschiedlich honoriert – flächengebundene Ausgleichszahlungen, Vernetzungsboni oder variable Zahlungen für den gemeinsam geschaffenen Biodiversitätswert. Das Team der Universität Kiel will so herausfinden, wie das Zahlungssystem die Entscheidungen der Landwirt:innen beeinflusst und wie sich diese auf das Verhältnis zwischen dem Biodiversitätswert und den Gesamtkosten auswirken.
Das Planspiel ermöglichte den Teilnehmenden auch einen Perspektivwechsel: die Landwirt:innen zoomten von den eigenen Flächen raus auf das Mosaik an Maßnahmen in der Landschaft. Die Naturschutzberater:innen wiederum konnten den Entscheidungsprozess in den Betrieben nachvollziehen. Durch das gemeinsame Handeln auf dem Spielfeld kam ein intensiver Austausch zustande – mit Flächendeals, Ideen zur Querfinanzierung, Diskussionen um die ökonomische und ökologische Leistung und einer starken Gruppendynamik.
Währenddessen erfasste das Kieler Team die erspielten Landschaften und setzte die Biodiversitätsergebnisse ins Verhältnis zu den Kosten und Prämiengeldern. Eine erste vorsichtige Erkenntnis: Variable Zahlungen, die vom erreichten Biodiversitätsergebnis abhängig sind, erfordern im Vergleich mit herkömmlichen Flächenprämien ein höheres Budget. Sie können aber ein überproportional Biodiversitätsergebnis und eine bessere Flächenvernetzung bewirken. Wobei dieses Ergebnis auch stark von der bemerkenswert hohen Motivation aller Teilnehmenden beeinflusst war. Im nächsten Schritt sollen weitere Spielrunden mit verschiedenen Teilnehmerkreisen stattfinden, um die Kalibrierung zu verbessern und mehr Daten zu erfassen. Die Erkenntnisse aus dem Planspiel fließen in die Entwicklung eines computerbasierten ökonomischen Experiments ein.