Interview
Ulfried Zinnow
Aktualisiert am 19.07.2024
Was sind die Besonderheiten auf Ihren Flächen?
Meine Flächen liegen auf Niedermoorgebiet, das leider stark entwässert würde. Die Wasserführung erfolgt durch Schöpfwerke und Stauhaltung und es wird so bis zu einem bestimmten Pegel zurückgehalten. Auch die Landwirte auf den Nachbarflächen werden durch das Wasser in der Landschaft. Wir hatten hier dieses Jahr (2024) viel Wasser. Aber durch die hohen Temperaturen und das Abpumpen ist es stärker zurückgegangen als gedacht.
Welche Naturschutzbedarfe gibt es?
Die Landwirtschaft ist hier in den Niederungen nicht an die Landschaft angepasst, und das, um ein paar Flächen Acker zu bekommen. Diese Niedermoorgebiete – und auch die Havel – müssten längeren Wasserrückhalt bekommen. Um sie zu schützen und nach Möglichkeit für den Klimaschutz überstauen zu können. Das Wasser, was wir hier herausziehen aus der Landschaft, beeinflusst außerdem die höhergelegenen Sandkuppen, die dann trockenfallen.
Welche Herausforderungen sehen Sie mit Blick auf Klima und Umweltschutz in der Landwirtschaft?
Hier sind riesige Flächen an Mooren, die sind alle entwässert wurden und nicht mehr angepasst sind an die heutige Zeit, an den Klimawandel. Klar sind die Flächen wertvoll und müssen auch einen gewissen Betrag abwerfen. Aber da muss der Staat auch unterstützend wirken, dass die Landwirte angepasst wirtschaften können.
Ein anderer Punkt ist die Biogasproduktion aus der Landwirtschaft, die mit dem Maisanbau so nicht fortgeführt werden kann. Die Düngung der Flächen, der Transport und die Stickstoffproduktion sind selbst sehr energieaufwendig. Anbauvielfalt und Leguminosen wären da Alternativen.
Welche Erfahrungen haben Sie mit überbetrieblicher Zusammenarbeit gemacht?
Wir starten nun mit den Kooperativen. Das ist gut, weil wir alle die gleiche Auffassung haben. Viele Landwirte hier haben kein Interesse an Natur und Umwelt.
Was hat Sie motiviert, bei KOMBI mitzumachen?
Ich bin hier großgeworden und habe die Natur, die Vielfalt vor 70 Jahren erlebt. Die Wiesen waren gelb von Sumpfdotterblumen, wir haben auf den Havelwiesen mit Netzten Fisch gefangen, wir hatten Kiebitze und Rebhühner. Wir können die Zeit nicht zurückdrehen. Aber als Landwirt, als Nutzer der Landschaft, hat man auch gewisse Möglichkeiten, diese zu schützen. Ich will mich als Landwirt auch in den Dienst von Arten- und Naturschutz stellen. Dabei muss ich auch wirtschaftlich bleiben, aber das ist meine Verantwortung.
Worin sehen Sie die Vorteile von KOMBI?
Wir können Naturschutz über ein gewisses Territorium durchsetzen, den gesamten Landschaftsraum mit Maßnahmen bearbeiten. Und wir können besser zusammenarbeiten. Zum Beispiel beim Wasserrückhalt: wenn ich hier Wasser zurückhalte, dann muss der Nachbar auch mit ins Boot, denn der kriegt davon auch was ab.
Was braucht es aus Ihrer Sicht, damit der Überbetriebliche Agrarnaturschutz gelingen kann?
Natürlich die Zustimmung der betroffenen Landwirte. Die müssen überzeugt sein, dass das sinnvoll ist. Hier gibt es viele Jäger, und Landwirte die auf eine intakte Natur angewiesen sind.
Wie schätzen Sie die aktuellen Entwicklungen in der GAP ein?
Die Abschaffung der Brachenregelung ist sehr kritisch. Stilllegungsflächen müssen sein, im intensiven Ackerbau überlebt keine Maus. Wenn wir den Feldvogelarten oder auch dem Hamster eine Chance geben wollen, dann müssen wir denen Rückzugsmöglichkeiten schaffen.
Wie sehen Sie die Rolle als Landwirt:in der Zukunft?
Altersbedingt ist meine Rolle in der weiteren Entwicklung der landwirtschaftlichen Nutzung unserer Naturlandschaft nur sehr gering einzuschätzen. Aber ich versuche trotzdem nach meinen Möglichkeiten Einfluss zu nehmen, dass die naturverträgliche Landwirtschaft in meinem Umwelt entwickelt werden kann.